Nachbarschaftsarbeit stärkt Demokratie & Respekt
Ein vielfältiges Programm aus Vorträgen, Workshops und Projektbesuchen erwartete die Teilnehmer:innen der Jahrestagung 2019, die vom 12. bis 13. September stattfand.
Stadtteilarbeit stärkt Demokratie und Respekt. Auf der Jahrestagung wurde diskutiert, wie es gelingt im Stadtteil Menschen mit vielfältigen Lebensstilen, Einstellungen, Herausforderungen und Interessen zusammen zu bringen und gemeinsam Nachbarschaft demokratisch zu gestalten. Nachbarschaftshäuser, Stadtteilzentren, Mehrgenerationenhäuser, Quartiersbüros etc. sind wichtige Begegnungsorte. Wie sie durch ihre Aktivitäten respektvolles und tolerantes Miteinander und Zusammenhalt stärken und sich gegen ausgrenzende und menschenverachtende Tendenzen und Bewegungen stellen können, war Thema der Jahrestagung Stadtteilarbeit 2019.
Durch die Stärkung von Toleranz und demokratischem Handeln sowie der Einbeziehung aller Bevölkerungsgruppen gibt Nachbarschaftsarbeit wichtige Impulse undemokratischen, intoleranten und fremdenfeindlichen Positionen entgegenzutreten. Nachbarschaftsarbeit ist konfessionell und parteipolitisch unabhängig und bezieht dennoch klar Position.
Wie gelingt es, die vielfältigen Interessen und Zielgruppen in einer Nachbarschaft miteinander in Verbindungen zu bringen? Wie können Nachbarschaftshäuser sich klar gegen rassistische und intolerante Positionen und Bewegungen einsetzen ohne ausschließend zu sein? Diese und andere Fragen werden wir in Workshops, Vorträgen und Projektbesuchen diskutieren, Best-Practise erkunden und fachliche Inspirationen erhalten.
Dokumentation
Vorträge und Ergebnisse der Workshops haben wir in der Dokumentation zusammengetragen, die hier zum Lesen und Herunterladen bereitsteht.
Programm
Tag 1 – Donnerstag, 12. September 2019
09:15 Begrüßung & Einführung
09:45 Impuls 1 // Vortrag: „Sozialer Zusammenhalt, Vielfalt und Demokratie“, Kai Unzicker, Bertelsmann Stiftung
10:30 Praxiseinblicke // Pecha-Kucha-Präsentationen zu Nachbarschaftsprojekten
11:00 Impuls 2 // Vortrag: „Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus im Quartier – Chancen und Grenzen der GWA“, Prof. Günter Rausch, Evangelischen Hochschule Freiburg
12:00 Mittagspause
13:30 – 15:30 Projektbesuche in Nachbarschaftsprojekten
- Bambi Kino & Café Connect für Geflüchtete und Gütersloher // Inspiration, Begegnung, Dialog
- Stadtbibliothek & Café Nes // Kunst, Kultur, Begegnung
- Nummer zu Platz, Bielefeld // subkulturell, authentisch und progressiv
- Schuhfabrik, Ahlen // gemeinsam lernen, das Gegebene hinterfragen und Alternativen entwickeln
- Alarmtheater, Bielefeld // mit Theater Brücken bauen – Brücken des gegenseitigen Verstehens
- Kiebitzhof // soziale und ökologische Vielfalt
16:00 – 18:00 parallele Workshops
18:30 Kultur zum Netzwerken mit Abendimbiss, Kneipenquiz mit Matthias Borner und danach BarFly, Blues-Abend im Bistro mit Gerry Spooner & Friends!
Tag 2 – Freitag, 13. September 2019
9:00 – 11:00 parallele Workshops (Wiederholung)
11:00 Kaffeepause
11:30 Impuls 3 // Vortrag und Tagungsbeobachtung, Thomas Mampel, Vorsitzender VskA
12:00 Grußwort (Videobotschaft): Christina Kampmann, MdL (SPD)
12:15 Abschluss und Ausblick // Fish-Bowl
Workshops
WS 1 – Vielfalt verbinden // aber wie?
In vielen Teilen in Deutschland bedeutet Nachbarschaft heutzutage vor allem räumliche Nähe zu jemandem und nicht mehr als ein „hallo“ auf dem Flur, Hof oder Vorgarten. In der Entstehungszeit des Wortes Nachbar wurden Beziehungen zwischen Nachbar*innen naturgegeben vor allem durch die Kooperation für die Bewirtung von Feldern und Höfen erreicht. Heute sind Nachbarschaften und die Lebensformen und -abläufe deutlich komplexer geworden und es braucht aktive und individuelle Anstrengungen, um gesellschaftliche Aufgaben wie Inklusion und mehr bewältigen zu können. Aber man muss das Rad nicht ständig neu erfinden, deshalb werden wir uns in diesem Workshop über Methoden der Nachbarschaftsarbeit austauschen und gemeinsam reflektieren, mit welchen Ansätzen und Methoden wir vielfältige Menschen erreichen, von ihnen erfahren können, was sie bewegt, wie es davon ausgehend zu Austausch und gemeinsamem Handeln bzw. ackern kommen kann und wie wir diesen Austausch begleiten können.
Referentinnen: Katharina Kühnel, Nachbarschaftsheim Neukölln e.V. und Hille Richers, Sozdia Berlin
WS 2 – Vielfalt ohne Alternative // aktiv gegen Menschenfeindlichkeit und Intoleranz
Im Workshop werden wir über Erfahrungen mit menschenfeindlichen Erlebnissen und Strukturen sprechen und Maßnahmen, die Vielfalt stärken kennen lernen und diskutieren. Am Donnerstag gibt es die Möglichkeit mit Prof. Günter Rausch ins Gespräch über seinen Vortrag zu „Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus im Quartier – Chancen und Grenzen der GWA“ zu kommen. Vorgestellt wird am Freitag das Projekt „Beratung gegen Rechts“ des Paritätischen Gesamtverband, das Initiativen und Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege und ihre haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, die sich zunehmend Anfeindungen seitens rechter und rechtsextremer Akteure ausgesetzt sehen, stärkt und vernetzt. Mittels bedarfsorientierter Beratungs- und Bildungsangebote werden konkrete Unterstützung wie präventive Maßnahmen zur aktivierenden Selbsthilfe angeboten.
Referenten: WS 2 a) Prof. Günter Rausch, WS 2 b) Christian Weßling, Deutscher Paritätische Wohlfahrtsverband
WS 3 – Sozialer Zusammenhalt in vielfältigen Quartieren // Was kann Nachbarschaftsarbeit leisten?
Der gesellschaftliche Zusammenhalt im Quartier wird nicht nur durch die soziale Zusammensetzung seiner Bewohner*innen bestimmt, sondern auch durch spezifische Infrastrukturangebote, die einen Beitrag zur Integration und Partizipation im Sozialraum leisten. Nachbarschaftsarbeit spielt dabei eine wesentliche Rolle. Aufbauend auf den Ergebnissen eines „Lost-Letter-Experiments“ in den Städten Münster und Wuppertal sollen im Workshop die sozialräumlichen Bedingungen sozialen Zusammenhalts analysiert werden, um daran anschließend die Herausforderungen für den sozialen Zusammenhalt und die Nachbarschaftsarbeit in vielfältigen Quartieren zu diskutieren. Der Workshop ist Teil des Forschungsprojekts „Resilienz durch sozialen Zusammenhalt – die Rolle von Organisationen (ResOrt)“.
Referenten: Dr. Tim Lukas und Bo Tackenberg, Bergische Universität Wuppertal
WS 4 – Vielfältig kreativ // mit Kunst die Welt verändern
Mit Kunst die Welt verändern, sich für Demokratie, Freiheit und Vielfalt einsetzen – geht das? JA, sagen wir. Denn Kunst denkt mehrdimensional, denkt quer, denkt freier und kann damit Anstöße geben, Wege aufzeigen, Zeichen setzen oder auch mal den Finger in die Wunde legen.
Referentin: Jeannette Hagen, Kunst für Demokratie, Berlin-Steglitz
WS 5 – Demokratie, Gemeinwesenarbeit und professionelle Haltung
Professionelle Gemeinwesenarbeit stellt sich klar allen Erscheinungsformen gruppenbezogener Ausgrenzung und Menschenfeindlichkeit entgegen. Doch welche Haltung und welches Wissen braucht es, um das gelingend zu tun? Die Grundthese einer Positionierung der BAG Gemeinwesenarbeit und Soziale Stadtentwicklung ist dabei folgende: „Professionelle Gemeinwesenarbeiter*innen haben Wissen um aufsuchende und aktivierende Methoden genauso wie um die Schaffung von Begegnungsräumen, in denen Vertrauen und Beziehungen aufgebaut werden können und das soziale Miteinander gestärkt wird. […] GWA trägt damit zur Gestaltung von lebendigen, von Vielfältigkeit geprägten demokratischen Aushandlungsprozessen bei.“
Im Workshop werden anhand von Praxisbeispielen der Gemeinwesenarbeit eigene demokratische Haltungen in Konfliktsituationen reflektiert und daraus Positionen auch für eine Stellungnahme der BAG GWA und Soziale Stadtentwicklung erarbeitet.
Referentin: Jessica Vogel, BAG GWA und Soziale Stadtentwicklung und Diakonie Hasenbergl, und Markus Runge, Nachbarschaftshaus Urbanstraße e.V., Berlin.
WS 6 – Vielfalt gestalten // Partizipation und Demokratie in Nachbarschaft und Kommune
Im Projekt „KoKoDe – Wir und ich im Stadtteil“ Partizipation von Kindern und Jugendlichen“ wird Jugendlichen nicht nur demokratische Beteiligung an ihren pädagogischen Orten zu eröffnen, sondern ihnen auch zu ermöglichen, als berechtigte Mitglieder in der politischen Öffentlichkeit der Kommune mitzuhandeln und mit zu entscheiden und so die kommunale Demokratie mitzugestalten. Im Workshop wird das Projekt vorgestellt und diskutiert, wie Bewohner*innen der ‚Nachbarschaften‘ aktiv an der demokratischen Mitentscheidung und -gestaltung ihres Stadtteils und seiner Institutionen teilnehmen können.
Referent: Thomas Glaw, Institut für Partizipation und Bildung e.V.
WS 7 – Stadtteilspaziergang
Eine humorvolle Stadtführung durch Gütersloh.
Referent*innen: Matthias Borner, Weberei Gütersloh