Nachbarschaftsarbeit ermöglicht Debatten und Diskurse, wirkt mit an der Gestaltung des öffentlichen Raums und aktiviert Menschen, ihre Themen zu setzen, Veränderung anzustoßen und ihr eigenes Umfeld zu gestalten. In Nachbarschaftshäusern sind die hierfür notwendigen Ressourcen, Kontakte, Wissen, Methoden und Räume vorhanden.
In Nachbarschaftshäusern entsteht Gemeinschaft und ein Zugehörigkeitsgefühl auch über die eigene soziale Gruppe hinweg, generationen-, kultur- und milieuübergreifend. Demokratisches Zusammenleben braucht Zugehörigkeit, denn nur wenn sich Einzelne zu einer Gesellschaft zugehörig fühlen, dann interessieren sie sich auch für sie, fühlen sich verantwortlich, wollen mitgestalten.
Auf der Jahrestagung Nachbarschaftsarbeit wurde in 2021 über die gesellschaftlichen Veränderungen gesprochen, die Nachbarschaftsarbeit ermöglicht und anstößt. Haltungen, Ansätze und Methoden reflektiert und neue Impulse und Wissen auch zu ganz konkreten gesellschaftspolitischen Themenfeldern erworben.
Und wir haben gemeinsam gefeiert. Der VskA e.V. besteht in 2021 seit 70 Jahren. 70 Jahre in denen Nachbarschaftsarbeit ganz innovativ im Kern sich gleich geblieben ist und in denen sich aktive Träger über ihre eigenen Einrichtung hinaus im VskA e.V. vernetzt, qualifiziert und gegenseitig gestärkt haben.
Dokumentation
Programm
Tag 1 – Donnerstag, 16. September
10:00 Uhr – Vorträge und Praxiseinblicke (in Präsenz und online gestreamt)
- Impuls 1: Potenziale der Gemeinwesenarbeit für Veränderungen im Rahmen lokaler Demokratie, Prof. Milena Riede, Hochschule für angewandte Pädagogik Berlin
- Impuls 2: Ein kritischer Blick auf die Partizipationspraxis, Stephanie Pigorsch, mitmachen e.V. und Promovendin der Goethe-Universität Frankfurt/Main
Partizipationsprozesse zu Stadtentwicklungsthemen im Stadtteil zu unterstützen, anzustoßen oder zu organisieren gehört für die GWA/Stadtteilarbeit zum Alltag. Nicht immer können diese Prozesse aus der Perspektive der GWA als gelungen bezeichnet werden. So scheinen Partizipationsveranstaltungen mitunter eher dazu zu dienen, Verwaltungshandeln zu legitimieren, als dass sie den Bewohner_innen des Stadtteils tatsächliche Artikulationsmöglichkeiten bieten oder deren Zugänge zu Ressourcen verbessern. Praktiker_innen sind in diese Prozesse involviert, gleichsam üben sie mehr oder weniger explizit Kritik an ihnen. Ausgehend von ethnographischen Einblicken in die Praxis veranstalteter Partizipation im Stadtteil nähert sich der Vortrag den strukturellen Bedingungen dieser Kritik. Gemeinsam mit den Teilnehmenden wird die Thematik im nachgängigen Workshop vertieft.
13:30 Uhr – Projektbesuche (einige online und andere vor Ort)
16 – 18 Uhr – parallele Workshops (in Präsenz)
18:30 Uhr – Jubiliäumsfeier 70 Jahre VskA (in Präsenz), unter anderem mit Le Rabatz, Stadtteilzentrum Steglitz e.V.






Tag 2 – Freitag, 17. September
10:00 – 12:00 Uhr – parallele Workshops (überwiegend hybrid)
12:15 Uhr – Impuls und Abschlussgespräch (in Präsenz und online gestreamt)
13:30 Uhr – Ende der Tagung




Workshops
WS 1: Nehmen Nachbarschaftshäuser ein politisches Mandat wahr?
Donnerstag in Präsenz, Freitag hybrid
Wo und wie können und dürfen Nachbarschaftshäuser Einfluss nehmen auf politische Prozesse? Der Vorstand des VskA Bundesverbandes hat sich intensiv mit dieser Frage beschäftigt und eine Position dazu gefunden, die vorgestellt und diskutiert werden soll. Beispielhaft möchten wir das am Thema „Klimaschutz“ (Donnerstag) und am Thema „Rechtsextremismus“ (Freitag) diskutieren.
Referent:innen: Simone Will, mittelhof e.V. und Thomas Mampel, Stadtteilzentrum Steglitz e.V.
WS 2a: Demokratisches Miteinander gestalten // Beteiligung und Partizipation ermöglichen
Donnerstag in Präsenz
Stephanie Pigorsch diskutiert im Workshop ihren Vortrag vom Vormittag.
Referentin: Stephanie Pigorsch, mitmachen e.V. (angefragt)
WS 2b: Demokratisches Miteinander gestalten // Politische Bildung und Stadtteilarbeit
Freitag in Präsenz
In Kooperation mit der Berliner Landeszentrale für politische Bildung und der neu gegründeten Bundesarbeitsgemeinschaft „Aufsuchende politische Bildung“ werden modellhaft in vier Berliner Bezirken Ansätze der aufsuchenden politischen Bildung erprobt, um politische Teilhabe und Integration zu fördern. In Stadtteilen und Quartieren mit erhöhten sozialen Anforderungen gibt es einen besonderen Handlungsbedarf im Hinblick auf politische Teilhabe und Integration, da das Interesse an Politik und an politischen Bildungsangeboten stark vom sozialen Status abhängt. Dies schlägt sich beispielsweise in der Wahlbeteiligung nieder, aber auch in den meisten informellen Formen der politischen Teilhabe (z. B. aktiv in Bürgerinitiativen etc.) und dem bürgerschaftlichen Engagement. Der Rückzug aus öffentlich-politischen Arenen wird durch Diskriminierungserfahrungen im Alltag, z. B. am Arbeitsplatz, im Bildungsbereich oder im Wohnumfeld noch verstärkt.
Referentin: Annette Wallentin, Landeszentrale für politische Bildung Berlin
WS 3: Wohnen, Wohnungslosigkeit und Wohnungspolitik
Donnerstag in Präsenz
Im Januar 2020 wurde in Berlin eine erste stadtweite Straßenzählung von wohnungslosen Menschen im öffentlich zugänglichen Raum und in den Notunterkünften durchgeführt. Die Zählung wurde getragen durch ein breites zivilgesellschaftliches Engagement, der VskA und die Berliner Stadtteilzentren haben die Nacht der Solidarität aktiv unterstützt.
Aufbauend auf diesem Engagement wird der VskA ab August 2021 weitere Straßenzählungen von obdachlosen Menschen im öffentlichen Raum organisieren und mit einem teilhabeorientierten Prozess verbinden, um so eine breite, fachliche und partizipative Diskussion der Lebensbedingungen von obdachlosen Menschen zu ermöglichen. Als Verband der Berliner Stadtteilzentren, unser Ziel ist das bürgerschaftliches Engagement und die gesellschaftliche Teilhabe zu fördern – und dazu gehören natürlich auch die Berliner*innen, die kein (menschenwürdiges) Dach über dem Kopf haben.
Wir werden hierzu eine „Zeit der Solidarität“ gemeinsam mit einem breiten Netzwerk organisieren und einen teilhabeorientierten Prozess ermöglichen, der auch für die Steuerung der Wohnungslosenpolitik im Land Berlin gewinnbringend ist und zum geplanten Masterplan Wohnungslosigkeit beitragen kann.
Im Workshop werden wir zum einen das Projekt vorstellen, insbesondere aber auch mit den Teilnehmenden Handlungsmöglichkeiten von Nachbarschaftshäusern auf der gesellschaftlichen und individuellen Ebene diskutieren.
Referent: Balint Vojtonovszki, Projektleiter „Zeit der Solidarität, VskA e.V.
WS 4: Von der Berufung zur Profession // Was können wir selbst dafür tun, mehr (finanzielle) Anerkennung für gute Arbeit zu erhalten?
Donnerstag in Präsenz
Von der Berufung zur Profession – Nachbarschaftsarbeit befindet sich seit langem auf dem Weg der Professionalisierung. Doch was fehlt nun wirklich, damit die gute Arbeit, die geleistet wird, auch eine entsprechende (finanzielle) Anerkennung erfährt und somit Probleme wie Fluktuation, befristete und gering vergütete Stellen und mehr nicht zusätzlich die Arbeit erschweren? Neben einheitlicher Ausbildung vor allem eine breite Wissensbasis, die Werkzeuge, situative Besonderheiten, Wirkungen und mehr sammelt. In diesem Vortrag sollen erste Erkenntnisse einer Praxisforschung rund um das Thema Ausbildung, Werkzeuge und Wirkung vorgestellt werden und Lust darauf machen, die Professionalisierung im Kleinen (und Großen) voranzutreiben.
Referentin: Katharina Kühnel-Cebeci
WS 5: Veränderung erkennen und kommunizieren // Wirkung(en) von Stadtteilarbeit
Donnerstag in Präsenz, Freitag hybrid
Welche Diskurse beeinflussen den Blick der im Feld tätigen Akteure auf die Auseinandersetzung mit dem Thema Wirkung(en) sozialer Arbeit, wie definieren sie „gute“ Stadtteilarbeit und welche diesbezüglichen Wirkungsannahmen werden geäußert? Im Workshop soll diesen Fragestellungen aufbauend auf der Masterarbeit der Referentin nachgegangen werden und der Umgang mit der Wirkungsdebatte reflektiert und eigene Standpunkte formuliert werden.
Referentin: Anika Göbel, Referentin Geschäftsstelle Bezirke, Paritätischer Berlin
WS 6: Stadtteilspaziergang am Schlaatz
Donnerstag in Präsenz und Freitag auch online gestreamt
Referentin: Andrea Schneider, Koordinatorin Stadtteilarbeit, Bürgerhaus am Schlaatz, KUBUS gGmbH
WS 7: Sozialer Zusammenhalt und Nachbarschaftserleben von älteren Personen deutscher und türkischer Herkunft
Freitag hybrid
Der Bevölkerungsanteil älterer Personen mit und ohne Migrationshintergrund steigt, was Politik und Gesellschaft vor neue Herausforderungen stellt. Es sind gerade Nachbarschaften, in denen (ältere) Personen unterschiedlicher Herkunft aufeinandertreffen. Diese Begegnungen ermöglichen Unterstützung, beinhalten aber auch Herausforderungen und können zu Spannungen führen. Im Workshop wird anhand einer Untersuchung zum Nachbarschaftserleben aufgezeigt, was für ältere Personen deutscher und türkischer Herkunft Nachbarschaft ausmacht, welche sozialen Funktionen sie Nachbar*innen zuschreiben und welche Strukturen förderlich und hinderlich beim Aufbau nachbarschaftlicher Beziehungen sein können. Gemeinsam soll diskutiert werden, welche Interventionen für die praktische Arbeit im Quartier abgeleitet werden können, um langfristig gute Nachbarschaften und Teilhabe am städtischen Leben für alle Personengruppen im Quartier zu ermöglichen.
Referentin: Prof. Dr. Katrin Sen, Professorin für Soziale Arbeit IU Internationale Hochschule