1951 wurde der Verband Deutscher Nachbarschaftheime in Köln gegründet. Der Gründung war eine intensive inhaltliche Diskussion über die Frage, ob diese juristische Form des Zusammenschlusses eine Hilfe oder eher das Ende der bisherigen Spontaneität und Unmittelbarkeit der Zusammenarbeit bedeutete vorausgegangen. Zur gleichen Zeit wurde jedoch die Notwendigkeit einer qualifizierten Öffentlichkeitsarbeit immer deutlicher sichtbar. So wurde eine der ersten Zielrichtungen des Verbandes die Unabhängigkeit von ausländischer Hilfe. Die erste Verbandsgeschäftsführerin, Irma Müller-Edom, übernahm die Aufgabe der Unterstützung und Beratung von Heimen in Finanzfragen und Öffentlichkeitsarbeit. Sie wurde dabei von Isi Stehr, einer Mitarbeiterin des AFSC (amerikanischer Quäkerverband) unterstützt, deren Aufgabe v.a. im fund raising (Mittelbeschaffung) bestand.
1952 wurde der neue deutsche Verband auf der internationalen Konferenz des IFS (Internationale Föderation der Nachbarschaftszentren) in Amsterdam international anerkannt, was in der damaligen Zeit eine wichtige Wertschätzung und Unterstützung bedeutete.
Die meisten Nachbarschaftsheime entstanden bis dahin in Berlin und so organisierte sich 1952 innerhalb des Verbandes die Landesgruppe Berlin.
Die Arbeit in den einzelnen Nachbarschaftseinrichtungen bekam einen neuen Akzent: von der Einzelfallhilfe zur Betonung der sozialen Gruppe. Gruppenpädagogik wurde zum zentralen Begriff und Grundverständnis der Arbeit, verknüpft mit einer zunehmenden Professionalisierung der sozialen Arbeit überhaupt. Für die konkrete Arbeit und die fachliche Diskussion war die enge Kooperation mit Haus Schwalbach prägend. Dr. Magda Kelber brachte aus ihrer USA-Emigration die Idee der social group work mit und führte mit KollegInnen zusammen im Haus Schwalbach Fortbildungen für die durch, die mit Menschen in Gruppen arbeiteten.
Haus Schwalbach verstand und lehrte Gruppenpädagogik als eine Form der bewussten Nutzung und Steuerung von Gruppenprozessen durch Pädagogen und unterschied auf diese Weise Gruppenpädagogik von der naturwüchsig verlaufenden Gruppenarbeit, die des Pädagogen nicht bedarf. Magda Kelber formulierte den pädagogischen Anspruch in acht Grundsätze, wie: mit der Stärke arbeiten; anfangen, wo die Gruppe steht…und sich mit ihr – ihrem Tempo entsprechend – in Bewegung setzen; Raum für Entscheidungen geben… und notwendige Grenzen positiv nutzen; Zusammenarbeit mehr pflegen als Einzelwettbewerb; sich überflüssig machen; weniger durch traditionelle, persönliche Führungsmittel (Lohn und Strafe, Lob und Tadel) wirksam werden als durch das Gruppenprogramm. (Wolfgang Müller, S.60)
Aus heutiger Sicht selbstverständlich – für die Zeit nach dem Faschismus war es ein ungewohnter und wichtiger Schritt in Richtung Demokratie.
Fürsorgerische Arbeit und Gruppenarbeit ergänzten sich und gehörten zusammen: Das Ziel war, die BesucherInnen der Einrichtungen verantwortlich einzubinden, so dass Ansätze der Selbsthilfe entstanden.
Ein Beispiel, das Geschichte gemacht hat, ist das Projekt meals on wheels oder „Essen auf Rädern“ aus dem Nachbarschaftsheim Urbanstraße, Berlin. In den Stichworten zur Vereinschronologie heißt es: Der Verein will, ausgehend von ausländischen Erfahrungen, den stationären Mittagstisch um meals on wheels (Essen auf Rädern) erweitern. Ein entsprechender Antrag auf Finanzierung wird von der Klassenlotterie abgelehnt. Aber das Sozialamt des Bezirksamtes Kreuzberg zeigt nach wie vor starkes Interesse an der Ausführung des Planes und ließ durch Herrn Rams den Vorschlag unterbreiten, von den jetzt ausgegebenen 150 Essen 50 Essen für die neue Speisung abzuzweigen. 17.8.1956: Feierstunde zu 5 Jahren „Rollende Speisung“: täglich werden 325 Portionen erstellt.