1946 -1951
Die Entstehung von Nachbarschaftsheimen in den westlichen Besatzungszonen Nachkriegs Deutschlands geht vor allem auf die Initiative und konzeptionelle Vorarbeit Innerhalb der Hilfsorganisation der amerikanischen Quäker (AFSC) zurück. Noch während der Zweite Weltkrieg wütete, im Juni 1943, trafen sich die Mitarbeiter:innen der AFSC- Abteilung für Auslandsdienste und andere Quäker, um ihr zukünftiges Engagement im Nachkriegsdeutschland zu planen. Die 1933 aus Deutschland emigrierte Sozialwissenschaftlerin und Quäkerin Hertha Kraus brachte mit dem von ihr erarbeiteten Memorandum ein umfassendes Konzept für Nachbarschaftsarbeit, Hilfe zur Selbsthilfe und Erziehung zur Demokratie als Diskussionsgrundlage ein . Gemeinsam mit dem AFSC ergriff sie 1946 in diesem Sinne die Initiative, stieß aber zunächst bei der amerikanischen Militärregierung in Deutschland (General Lucius D Clay) auf Ablehnung. Die Quaker begannen aber ungeachtet dessen bereits mit der Planung für vorerst zwei Neighborhood Centers in der US Zone: Frankfurt am Main (Bockenheim) und Darmstadt. 1947 kam dann auch das grüne Licht für weitere Nachbarschaftsheime , so den Mittelhof im Berliner Stadtteil Nikolassee und Nachbarschaftshäuser in Koblenz, Ludwigshafen und Freiburg. In Zusammenarbeit mit den britischen Quäkern (FRS) und deutschen Stellen initiierte das AFSC auch in der britischen Besatzungszone die Errichtung von Nachbarschaftsheimen in Köln, Wuppertal und Braunschweig. Von der Initiative der amerikanischen und britischen Quäker inspiriert engagierten sich auch weitere religiöse Gemeinschaften aus dem angelsächsischen Raum wie die Mennoniten, die Unitarier und der YWCA bei der Gründung von Nachbarschaftsheimen -so in den Berliner Stadtbezirken Neukölln, Kreuzberg , Steglitz und Schöneberg. Bei den letzteren waren es auch deutsche Gruppen aus dem Bereich sozialer Arbeit bzw. eine Institution wie das Pestalozzi-Fröbel-Haus.
Welche Funktionen die Nachbarschaftsheime damals erfüllen konnten, lässt sich nur auf dem Hintergrund der deutschen Nachkriegsverhältnisse ermessen – der materiellen wie der psychosozialen Situation, zumal in schwer vom Kriege getroffenen Großstädten wie Frankfurt Berlin oder Köln. Die Wohnverhältnisse waren nach wie vor katastrophal, viele Menschen mussten noch in Bunkern leben, andere als Flüchtlinge in Lagern. Die Jugendlichen hatten kaum einen Ort, an dem sie zu gemeinsamer Beschäftigung, zum Gedankenaustausch oder zum Spiel zusammenkommen konnten-sie waren buchstäblich auf die Straße gesetzt – in einer Trümmerlandschaft . Hunger und Kälte, ein „blühender“ Schwarzhandel zwischen Ruinen, das war der Großstadtalltag auch noch 1947 .
In dieser in jeder Hinsicht beschädigten Welt war das Nachbarschaftsheim so etwas wie eine Oase – eine Stätte der Begegnung und der Selbsthilfe: in der Näherei ,der Wäscherei, der Schusterwerkstatt. Es gab Büchereien und auch sogenannte Wärmeräume. Gruppenarbeit spielte eine wichtige Rolle. Und die Heime sollten vor allem der Jugend praktische und geistige Anregungen bieten.