Die Wurzeln der sozial-kulturellen Arbeit reichen weit zurück: 1884 wurde in London Toynbee-Hall gegründet, 1889 Hull House in Chicago. Beide gelten als die bekanntesten, frühen Settlements. Grundgedanke der settlers bei der Einrichtung dieser Organisationen war der Wunsch und der Gedanke von sozial bewussten Akademiker:innen, mitten unter den Armen zu leben, und mit ihnen zusammen deren Leben zu verbessern.
In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es allein in London 26 solcher Wohnheime in Armenvierteln. Zeichnete sich diese Bewegung in den ersten Jahren noch durch eine gewisse „Programmlosigkeit“ aus, so entwickelten sich aus dem konkreten Zusammenleben mit den Armen zunehmend mehr social settlements, in denen auch andere ehrenamtliche HelferInnen, die nicht unbedingt vor Ort lebten, miteinbezogen wurden. So konnten schließlich konkrete Bildungs- und Begegnungsangebote durchgeführt werden, es gab Sprachkurse für Einwanderer (v.a. in Chicago), Klubräume ermöglichten ein geselliges Zusammensein usw.
Der deutsche Professor Classen war von dieser englischen Idee begeistert und brachte sie nach Deutschland. 1901 gründete er das Volksheim Hamburg. Die Mitarbeiter:innen lebten hier nicht in Nachbarschaft mit den Armen (nur einzelne Helfer:innen machten noch diesen Schritt), aber es gab zahlreiche Aktivitäten in sechs verschiedenen Stadtteilen. Es gab Rechtsauskunftsstellen, Klubs, Debattierabende usw. Wichtig waren auch die Jugendarbeit und der Einfluss der Jugendbewegungen.
Der erste Weltkrieg hinterließ seine Spuren. Im Volksheim Hamburg entwickelte sich ein immer stärker werdendes politisches Selbstverständnis, das schließlich als „Sozialismus“ definiert wurde. Sozialismus wurde nicht als Wirtschaftssystem oder -prinzip, nicht als Außenform verstanden, sondern als Innenzustand, als eine Gesinnung, und wurde so als eine neue Form der Gestaltung der zwischen-menschlichen Beziehungen proklamiert.
Dieses Selbstverständnis wurde konkret in der Schulungsarbeit, in der Erziehung zum politischen Denken und in Ansätzen der Volksbildung umgesetzt.
Die zweite wichtige Neugründung in Deutschland war 1911 die Soziale Arbeitsgemeinschaft Berlin-Ost (SAG). Pfarrer Friedrich Siegmund-Schulze gab sein Pfarramt auf, um in ein Arbeiterviertel in Berlin zu ziehen. Die von ihm initiierte SAG widmete sich sowohl der Volksbildung als auch der fürsorgerischen Arbeit mit dem Ziel, die Arbeiter gesellschaftlich zu integrieren. Die praktische Sozialarbeit diente auch hier der Überwindung von Klassengegensätzen, allerdings gab es im Vergleich zum Hamburger Volksheim eine stärkere Betonung der fürsorgerischen Aufgaben.
1925 wurde die „Deutsche Vereinigung der Nachbarschaftssiedlungen“ gegründet, die Vorläuferin des heutigen Verbandes.
Diese Ansätze von nachbarschaftlicher Hilfe verschwanden unter der Herrschaft der Nationalsozialisten. Die junge Vereinigung wurde 1933 wieder aufgelöst, andere Einrichtungen konnten sich länger halten. 1940 wurde endgültig auch die SAG in Berlin geschlossen.